Donnerstag, 28. Februar 2019

Rezension zu "Ein wirklich erstaunliches Ding" von Hank Green

Cover für Ein wirklich erstaunliches Ding

April May, 23 Jahre alt und Grafikdesignerin befindet sich in einer Januar-Nacht auf dem Weg nach Hause in der 23. Straße in New York. Plötzlich sieht sie sich einer riesigen Roboter-Skulptur gegenüber. Fasziniert informiert sie ihren besten Freund Andy, der mit seiner Kamera sofort vor Ort ist und die Skulptur samt April in einem You-Tube-Video festhält. Schnell kommt ans Licht, dass dieser Carl - so nennt April ihn - nicht der einzige ist. In allen Metropolen rund um den Globus sind aus dem Nichts diese Carls aufgetaucht und ein globaler Hype nimmt seinen Lauf. April befindet sich im Fokus der Medien weltweit. Sie tingelt von Talkshow zu Talkshow und ihre Tweets werden millionfach geliked und geteilt. Sie bekommt viele Anhänger, findet sich aber auch im Kreuzfeuer ihrer Gegner wieder. Als dann die gesamte Menschheit den gleichen Traum träumt und versucht zu enträtseln, ist das Phänomen um Carl und April nicht mehr aufzuhalten. Schnell wird dies eine Angelegenheit der Präsidentin der Vereinigten Staaten...
Wenn man den Namen Hank Green liest, muss der ein oder andere vielleicht an John Green denken. Damit ist man gar nicht so verkehrt. Es handelt sich um dessen Bruder. John Green ist ein Garant für Bestseller-Stories und nachdem ich dieses Buch gelesen habe, kann ich behaupten, Hank Green steht ihm in nichts nach!
Eindrucksvoll schildert er die Geschichte der 23-Jährigen April May, die über Nacht zur globalen Berühmtheit avanciert. Das ist natürlich nur durch die weltweite Vernetzung der Medien möglich. Ein You-Tube-Video reicht theoretisch, um alle Menschen auf dem Planeten Erde zu erreichen. Ein Tweet hat Milliarden Empfänger und dank der modernen Technik ist jeder in der Lage, Nachrichten und Videos zu vervielfachen und für seine Zwecke zu nutzen. Diese schlichte Tatsache greift Hank Green auf und macht daraus eine Geschichte, die unserer heutigen Gesellschaft einen Spiegel vorhält. Jeder, der einen Blick hinein wirft kann erkennen, dass dieses Geltungsbedürfnis, was viele Menschen in den Social Media ausleben, zwei Seiten hat. Einerseits erreicht man viele Menschen mit den Dingen, die einem wichtig sind und über die man berichten, twittern und die man zeigen will. Daraus resultiert, dass man sich - wenn man es klug anstellt - eine gewisse Anhängerschaft aufbauen kann. Gut zu sehen in der Situation von April May. Sie hat mit dem Video von Carl einen viralen Hype gelandet. Im Laufe der Geschichte steht sie vor der Entscheidung genau das anzusetzen und das zu ihrem Nutzen aufzubauen oder es sich für sich im Sande verlaufen zu lassen. Sie entscheidet sich für die erste Variante und das zieht einen Rattenschwanz nach sich. Am Ende kennt sie jeder und sie hat Millionen Fans weltweit und genau so viel Geld auf dem Konto. Die Carls sorgen dafür, dass Menschen aus allen Ländern und Kulturen miteinander in Kontakt treten und Informationen austauschen. Nichts ist heutzutage leichter das das. Aber April verliert sehr schnell die Kontrolle darüber und somit sind wir bei der anderen Seite dieses Geltungsbedürfnisses. Es liegt in der Natur der Dinge, dass es auch genug Menschen gibt, die nicht -wie hier in dem Fall -auf Aprils Seite stehen. Diese Ablehnung geht sogar so weit, dass April in Gefahr schwebt. Und genau ist es auch im wahren Leben. Sobald man in den Medien seine Meinung kundtut oder über etwas berichtet, wird man immer Menschen haben, die der gleichen Meinung sind, wie man selbst und auf der anderen Seite welche, die nicht deiner Meinung sind. Das Gefährliche an der Sache ist, dass es ab einer gewissen medialen Reichweite zu einer globalen Katastrophe führen könnte. Man könnte jetzt denken, ich übertreibe, aber dann lest das Buch und ihr werdet verstehen, was ich meine.
Interessant ist auch noch, dass in dem ganzen Hype vergessen wird, dass die Personen, die man in den sozialen Medien verfolgt, auch nur Menschen sind. Dies erkennen viele Menschen erst dann, wenn besagte Personen vor ihnen stehen. Dies kann man gut an der Szene erkennen, als April auf die Präsidentin trifft: "Die Situation war in höchstem Maße surreal. Kurz durchfuhr mich dieses typische `Oh mein Gott, sie ist ein dreidimensionaler, wirklich lebender Mensch mit allem Drum und Dran, und ich habe zum ersten Mal jemanden leibhaftig vor mir, den ich bisher nur vom Bildschirm kannte'-Gefühl..." (S 336) Diese Szene hat mich beeindruckt und wirklich nachdenklich gemacht. Deshalb fällt es auch so leicht, sich im Internet negativ über andere Menschen auszulassen. Wir wirken in den Medien nicht menschlich genug. Und da liegt eine große Gefahr, die Hank Green hier aufzeigt. Eine Gefahr, die auch April ausgesetzt ist. Sie verliert immer mehr ihre eigene Identität und nimmt die der Carls an. Im Großen und Ganzen folgen ihre die Menschen nicht wegen ihrer selbst, sondern eher dem Phänomen "Carl".

Diese gesamte Thematik hat Hank Green, der selbst in sämtlichen Social Media unterwegs ist, aufgegriffen und mit einem subtilen Humor in einen spannenden und interessanten Roman verwandelt, der mich nachdenklich zurückgelassen hat.

Er hat dabei eine sympathische Protagonisten erschaffen, die weit weg davon ist, perfekt zu sein und in vielen Sachen sehr naiv und kopflos handelt. Aber in ihr steckt so viel von uns allen drin und jeder kann sich in ihr zu einem gewissen Teil wieder erkennen.

Dieses Buch ist brandaktuell und gerade jetzt und gerade hier so wichtig und ich freue mich bereits auf eine Fortsetzung, die hoffentlich bald erscheint.

Ich möchte zudem noch hinzufügen, dass ich bewusst die Rezension so ausführlich geschrieben habe. Manch einer mag sich vielleicht denken, er sei in einer Textanalyse gelandet. Aber ich persönlich hätte es als traurig erachtet, nur über den Inhalt und den Schreibstil zu schwadronieren. Das wäre dem Buch und somit auch dem Autor in keinster Weise gerecht geworden.

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